Den Dreh rausbekommen [Woche 2]

Allem Neubeginn liegt ein Zauber inne. Aber auch so viele Schwierigkeiten. 

Nun bin ich (schon?) zwei Wochen hier. Irgendwie kann ich es immer noch nicht glauben. Viele Dinge fühlen sich schon so normal an, als ob es schon immer so wäre, bei vielen Sachen wird es bestimmt aber noch Wochen dauern, bis ich mich daran gewöhne. Ich bin ganz schön überladen voller neuer Eindrücke, sodass meine Gedanken oft Karussell fahren.
Ich wollte, bevor ich von meiner Woche berichte noch ein paar allgemeine Dinge zu unserer Situation hier erzählen. Ich wohne, wie schon erwähnt mit drei weiteren Freiwilligen in einem kleinen Haus, zehn Minuten Fußweg entfernt von der Schule. Jeder hat sein eigenes Zimmer. Dort haben wir es uns auch schon gemütlich gemacht. Hier müssen wir jeden Tag auch unser Essen machen und die Wäsche waschen. Per Hand. Auch das ist soweit kein Problem, bis man erstmal den Dreh raus hat. Aber für viele Dinge hat sich noch keine Routine entwickelt. Das heißt auch, dass wir oft einkaufen müssen. Da geht es für zwei von uns auf den Markt, mit dem Boda. Die nächste Sache ist der Müll. Alles was sich an Müll ansammelt, wird in einem großen Behälter geworfen und dann in Müllgruben verbrand. Und da sammelt sich auch viel Plastik an. Positiv ist aber, dass es seit diesem Jahr ein Plastiktütenverbot in Tansania gibt. Das zu unserer Situation im Haus.
Eine schöne Sache ist die Begrüßung. Es ist üblich, dass jeder gegrüßt wird. Mit "wie geht's dir?" oder "Wie war dein Tag?" so entwickelt sich normalerweise schnell ein Small Talk. Bei mir ist es meist wirklich nur ein sehr kurzes Gesrpräch, weil sich meine Kiswahili Kenntnisse noch sehr in Grenzen halten.
Auch der Glaube spielt eine große Rolle. Abends, nach dem Abendbrot in der Primary School wird noch gemeinsam Gott gelobt im Gesang und gebetet. Und Sonntags ist dann Kirche. Bei dem Gottesdienst waren wir auch schon dabei. Die Kinder haben ihn größtenteils selbst gestaltet. Leider konnte ich auch da nur sehr sehr wenig verstehen.
Unsere Aufgabe zu Beginn der Woche bestand darin, ein bisschen Normalität zu schaffen, einen Alltag aufzubauen. Wir machten uns auf die Suche nach einem Kühlschrank und konnten auch unsere Stundenpläne erfragen, sodass wir planmäßig am Dienstag mit unseren ersten Sportunterricht Stunden starten konnten. Voller Erwartungen ging es dann los. Die Klassen haben immer eine Stunde Sport in der Woche. Wir kommen sie abholen und gehen gemeinsam in die Halle oder auf den Platz. Die Situation in dieser Woche war allerdings etwas anders und komplizierter als normalerweise, da es die letzte Woche Schule vor den zweiwöchigen Ferien war. Das bedeutete, dass in der Halle die Gratuation, die Zeugnisausgabe vorbereitet wurde und wir sie somit nicht nutzen konnten. Manche Klassen schrieben auch noch Tests oder Prüfungen, sodass wir den Stundenplan so wie er normalerweise ist, nicht ganz durchführen konnten. Ich war anfangs ganz schön überfordert vor so vielen Kindern zu stehen und ein Spiel zu erklären. Oft ging es dann drunter und drüber, weil die Spielregeln nicht ganz angekommen waren, oder sie einfach nur Lust auf rumrennen oder Fußball hatten. Nachmittags fahren viele Kinder mit dem Schulbus nach Hause. Einige bleiben aber in der Schule, da sie hier wie im Internat wohnen. Mit diesen Kindern haben wir dann nachmittags noch ein bisschen Sport gemacht. So verging die Woche ziemlich schnell. Am Freitag werden wir normalerweise in der Schule in Kimara sein. Allerdings waren diesen Freitag, aufgrund der Gratuation, alle Kinder hier in Kibaha und haben für die große Feier noch das Programm geübt.
Am Samstag war dann schließlich Gratuation. Ein großer Tag für die Schule. Es wurde der Abschluss der 7. Klässler aus der Primary School aus Kibaha und Kimara gefeiert, sowie der Abschluss der Secondary Schüler aus Form 4 (11.Klasse)
Es kamen viele Eltern und Gäste, die Halle war voll. Das Programm, gefüllt mit Reden, Tanz und Gesang, sowie der Zeugnisausgabe dauerte ca. vier Stunden. Danach wurde gefeiert. Das waren viele Eindrücke auf einmal. Einen Tag nach der Gratuation, am Sonntag wurde dann noch Gottesdienst gefeiert, um für die Schüler der 7. Klasse zu beten, die noch ihre finalen Prüfungen vor sich haben.
Das soweit erstmal zu meinen Erlebnissen.
Ich denk viel über das nach, was ich erlebt habe und muss mit manchen Situationen noch unḿgehen lernen. Es ist einfach eine andere Kultur, ein anderes Leben. Dass es doch so anders ist und sich für mich oft echt komisch anfühlt hätte ich nicht gedacht.
Wenn wir mit dem Boda an Menschen vorbei fahren, oder vorbeilaufen rufen uns einige "Mzungu" oder "Wazungu" zu. Was so viel heißt wie "Weiße(r)". Wir fallen sehr durch unser Aussehen auf. Das ist aber nochmal ein extra Thema. Das beschäftigt mich auf jede Fall und ich weiß noch nicht richtig damit umzugehen und ich glaube auch, dass das ein Problem ist, was mich das gesamte Jahr über begleiten wird.
Ich bin manchmal ein bisschen perfektionistisch, hätte gern, das alles sofort funktioniert. Ich bin hergekommen mit vielen Erwartungen und ich habe mir schon viel überlegt wie was laufen könnte. Oft wurde dann mein Auto voller Erwartungen an die Wand gefahren. Ich wollte gern, dass sofort alles irendwie klappt. Das mit den Einleben ist nicht ganz einfach für mich. Ich habe gemerkt, wie wichtig es doch für mich ist, einen Alltag zu haben. Ein bisschen Routine. Dass ich wissen will, wie der Hase läuft und nicht jedes Mal vor lauter Problemen stehe. Aber das ist okay dafür, dass ich erst zwei Wochen hier bin. Ich habe gemerkt, dass Druck machen nichts bringt und dass ich mir Zeit geben muss, solang es auch dauern mag, bis ich hier mit meinem Herzen angekommen bin, Teil von der Gesellschaft geworden bin und das hier als mein zu Hause sehe. Ich wünschte es wäre jetzt schon so. Aber ich weiß, es ist ein Prozess, es wird dauern und dadurch kann ich wachsen.
Ich bin gespannt auf das was kommt und hoffe, dass sich einige der Anfangsprobleme, die ein Neustart so an sich hat noch legen.
Bis bald.